Tár

USA 2022
Regie: Todd Field
Besetzung: Cate Blanchett, Nina Hoss, Mark Strong, Julian Glover, Sydney Lemmon, …
Laufzeit: 158 min.
FSK ab 16

Lydia Tár (bravourös gespielt von Cate Blanchett) ist eine hoch gefeierte Dirigentin und Komponistin, eine leidenschaftliche Künstlerin, die augenscheinlich weiß, was sie will und was sie kann. Ihre Verdienste sind ebenso zahlreich und beachtenswert wie ihr soziales Engagement. Sie ist witzig und gleichzeitig seriös, cool und dennoch warmherzig, auf fokussierte Weise intelligent und lebensklug, vor allem aber ist sie souverän. Privat lebt Lydia mit Sharon (Nina Hoss), die gleichzeitig ihre Konzertmeisterin und erste Violistin ist, und mit dem gemeinsamen Adoptivkind. Nun soll sie als erste Frau die Leitung der Berliner Philharmoniker übernehmen. Und möchte etwas schaffen, was noch kein Maestro vorher geschafft hat: Sie will den kompletten Zyklus Gustav Mahlers vollenden und hierzu fehlt ihr nur noch seine 5. Sinfonie. Die Proben haben gerade begonnen und es muss natürlich ein besonderes Konzept her. Verbissen arbeitet sie an der makellosen Umsetzung von Mahlers Partitur. Doch nicht alles läuft so gewohnt perfekt, wie sie sich dies vorstellt. In der Probenphase mehren sich unbedeutende Unsicherheiten, das Bild der souveränen Strategin, die immer das Richtige tut, nötigenfalls andere manipuliert oder mit ihrem Charme einwickelt, dieses Bild bekommt Risse.  Auch ihre Ehe läuft längst nicht mehr so gut wie früher und der Selbstmord einer einst von ihr geförderten, dann aber fallen gelassenen Musikerin lässt sie panisch jegliche E-Mail-Korrespondenz mit dieser löschen. Und dann tritt noch eine junge Cellistin in ihr Leben, von der sie unerwartet fasziniert ist. Für Lydia beginnt ein Drahtseilakt, in dem es nicht nur um ihre Kreativität, sondern auch um Macht, institutionellen Rassismus und die Frage von Autorität geht…

Ein kühnes Meisterwerk ist Regisseur Todd Field gelungen, ein Film, der schon jetzt als hochgehandelter Favorit auf den Oscar 2023 gilt. Eines seiner Themen ist wohl der Widerspruch zwischen Schein und Sein, hier auf die Spitze getrieben in Gestalt der scheinbar unangreifbaren und über alles erhabenen Lydia Tár, eine Frau, die Macht über andere hat und dies genießt, eine vielschichtige Persönlichkeit, die kennenzulernen ebenso lohnend wie vielleicht auch gefährlich ist. Kate Blanchett ist diese Frau mit jeder Faser. Es gelingt ihr mit fortschreitender Handlung immer mehr, auch die verletzliche Seite ihrer Figur herauszuarbeiten.

Intelligentes Vergnügen, ästhetischer und musikalischer Hochgenuss. Die Dreharbeiten fanden im Kulturpalast und im Palais im Großen Garten in Dresden, im Orangerieschloss in Potsdam, im Berliner Dom und in der Hufeisensiedlung in Britz statt.