Sterben
Deutschland 2024
Regie: Matthias Glasner („Gnade“)
Besetzung: Lars Eidinger, Corinna Harfouch, Robert Gwisdek, Lilith Stangenberg, Ronald Zehrfeld, Saskia Rosendahl, Hans-Uwe Bauer, …
Laufzeit: 181 min. (!)
FSK ab 16
In einem Epilog und fünf Kapiteln erzählt Regisseur Matthias Glasner aus verschiedenen Perspektiven die Geschichte einer dysfunktionalen Familie par excellence: Nachdem die durchweg mürrisch-nüchterne Lissy Lunies (Corinna Harfouch) ihren an Alzheimer erkrankten Mann ins Pflegeheim abgeschoben hat, wird sie selbst von besorgniserregenden gesundheitlichen Problemen eingeholt, kann sich ihrer Freiheit also kaum erfreuen. Ihr Leben ist zu einer halsbrecherischen, zähen und absehbar zu Ende gehenden Angelegenheit geworden. Sohn Tom (Lars Eidinger) ist zurzeit in Berlin als Dirigent mit den Proben des Requiems „Sterben“ zu Gange. Er versucht, neben dem Orchester vor allem seinen narzisstischen Komponistenfreund Bernard (Robert Gwisdek) zu dirigieren, der ständig ausfällig wird und an sich und der Welt zweifelt. Außerdem hat Tom gerade „so etwas“ wie ein Kind bekommen, da seine Exfreundin Liv von einem Mann geschwängert wurde, dem sie die Sorgearbeit nicht zutraut und Tom pflichtbewusst einspringt. Seine überdrehte Schwester Ellen (Lilith Stangenberg) beginnt unterdessen in Hamburg eine Affäre mit einem verheirateten Zahnarzt (Ronald Zehrfeld). Die beiden verbindet die Liebe zu Alkohol und Sex. Wie Tom und Bernard sind auch sie latent beziehungsunfähig. Der Zustand der Eltern erzwingt, dass sich die Familienmitglieder wieder
begegnen…
Ein komplexes, emotional sehr hartes Drama mit einem exzellenten Drehbuch, einer auf den Punkt zugespitzten Dramaturgie und einem großartigen Ensemble. Jeder einzelne innere Konflikt der zentralen Personen findet in dem Familienkonstrukt seinen Anfang. Keiner der Figuren weckt wirkliche Sympathien, doch durch den Mut Glasners, die Charaktere mit Ecken und Kanten auszustatten, werden sie zu „echten“ Menschen, deren Handeln man zumindest nachvollziehen kann. Mit großer Ruhe und Kraft vorgetragen, wirken die Dialoge kunstvoll und auf den Punkt. Das Thema „Sterben“ gibt dem Film nicht nur seinen Titel, sondern auch seine Stimmung, die zwischen Melancholie, trockenem Humor, Dramatik und abgestumpfter Kühle hin- und herpendelt. In seiner künstlerischen und darstellerischen Konsequenz ist der Film eine absolute Herausforderung.
Er erhielt auf der Berlinale einen Silbernen Bären für das Beste Drehbuch und geht mit neun Nominierungen ins Rennen um den Deutschen Filmpreis am 3. Mai in Berlin.